Gedichte

Von Tabea Geissmann


Sterbender Sommer


Bernsteinbraune Augen
verlieren sich
in der weiten Menge
der warme Wind wirbelt
in meinem Haar
und roten Blättern
an der Ecke zum Park

Die Schönheit der Welt
liegt in den Zyklen
Geburt und Vergehen
und alles ein Anfang

Denn ich bin verliebt
in den Jungen
der im Café sein Buch liest
in die Mädchen an der Kreuzung
in die alte Dame am Zeitungskiosk

Und vielleicht
ist das Liebe auf Zeit


Schwarzer Schnee

Du tanzt barfuss im Schnee
unter tintenschwarzer Nacht
unsere Atemwolken schimmern
im blassen Fensterlicht
wann bist du so schön geworden?

Jubelnde Silvestergäste
hier draussen hören wir sie nicht
zu zweit allein
jung und frei
du tanzt, ich sehe dich –
doch du


Graffito

I’m sorry I fell for you during a pandemic
steht oben geschrieben
an der düstergrauen Wand

Warum sind es immer fremde Menschen
die mir am vertrautesten sind?


Vergebens

Das bisschen Liebe
ist mir abhanden gekommen
vermutlich
zwischen Vorstadtgärten und Altbauküchen
und weit und breit
kein Fundbüro


Himmelsleiterchen

Ab durch das Oberlicht
aufs Dach

Du trittst in den Himmel
greifst nach dem Stern –
und glühst