Radio 13 – Late night

Von Anna Sophia Stöckli

«Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Das ist unsere heutige Frage der Nacht. Was meinst du dazu, Angela?»
«Nun, es ist sicher nicht die einfachste Frage, die wir je hatten, John. Die einfachste war wohl: Wie buchstabiert man das Alphabet?»
«Das fandest du einfach? Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob man jetzt das Wort buchstabieren soll oder das Alphabet aufsagen. Aber egal. Wofür würdest du kämpfen?»
«Ich finde, die Frage ist falsch formuliert. Das ganze Leben ist ein Kampf, auch wenn nicht alle Phasen gleich anstrengend sind. Eigentlich sollte es heissen: Wofür kämpfst du im Moment? Die Antwort darauf ist recht simpel: Ich kämpfe gerade gegen akute Müdigkeit.»
«Das sieht man dir aber nicht an. Deine Frisur sitzt und Augenringe hast du auch keine.»
«John, lass mich dich in eines der grossen Geheimnisse der Frauen einweihen: Make-up. Das Wundermittel gegen schlaflose Nächte. Solltest du auch mal probieren. Du siehst definitiv nicht taufrisch aus.»
«Meine Güte. Nicht so direkt! Aber hey – das hier ist die Mitternachtsshow von Radio 13. Ihr könnt von Glück reden, dass ihr alle uns nur hören und nicht sehen könnt. Wobei, Angela ist auch heute eine wahre Augenweide. Keine Ahnung wie sie das jedes Mal schafft.»
«Jetzt hör auf mit deinem Gesülze. Ich geh nicht mit dir aus, egal wie viele Komplimente du mir machst. Unsere Hörer wollen das bestimmt auch nicht hören. Zurück zum Thema. Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Wir sind gespannt auf eure Antworten. Ruft an, mailt oder schreibt uns per WhatsApp. Die Nummer lautet 078 987 23 56. Passend zur Frage hören wir jetzt «fight Song» von Rachel Platten. Geniesst es.»
…Musik spielt…
«Und da sind wir wieder! Am Mikrofon John Ryan und Angela Amazetti. Für eine Montagnacht haben wir erstaunlich viele Antworten, findest du nicht, Angela?»
«Da muss ich dir recht geben, auch wenn ich es wie immer nur ungern tue. Aber heute scheinen wirklich viele Leute noch wach zu sein. Hab ich etwas verpasst?»
«Soweit ich weiss, nicht. Seit zwanzig Minuten ist der erste September. Aber kommen wir zur ersten Antwort. Sie ist von Erich aus Zürich. Er schreibt: Deine Träume sind es immer wert, dass du dafür kämpfst. Das gefällt mir. Ohne hochgesteckte Ziele wär ich jetzt nicht hier und würde meinen Traumjob machen. He, ich kann eure Zweifel ja förmlich spüren. Auch wenn ihr es mir nicht glaubt, ich bin genau der, der ich sein will, Radiomoderator der Mitternachtsshow. Doch Schluss mit mir, zurück zu euch. Und zwar mit Kevin, unserem Anarchisten: Der Kampf gegen das System ist schwer und anstrengend, aber irgendwann wird er sich auszahlen. Hallo Kevin, schön dass du da bist. Ich bitte dich wie immer darum, mit dem Sprengen des Bundeshauses noch zu warten. Gib den Politkern noch eine zweite Chance. Oder besser gesagt: eine 7000ste.»
«Schau mal hier, John, es ruft jemand an. – Hallo, hier Radio 13, Angela am Apparat.»
«Hier ist Maia, aus St. Gallen.»
«Also Maia, wofür lohnt es sich zu kämpfen?»
«Ich bin Leichtathletin, und für mich gibt es nur ein Ziel: noch ein bisschen weiter, ein bisschen schneller, ein bisschen höher. Man kann nie für lange Zeit mit der eigenen Leistung zufrieden sein, sonst wird man träge und von den anderen überholt. Mein Traum, für den ich kämpfe, seit ich fünf war, ist Olympiagold.»
«Aber nach was strebt man denn, nachdem man Olympiagold geholt hat?»
«Nach der nächsten Goldmedaille natürlich.»
«Natürlich. Vielen Dank für deinen Anruf und viel Glück beim Training. – Hast du schon mal von dieser Maia gehört, John?»
«Noch nie. Warte, da ruft gleich noch jemand an. Hallo, hier Radio 13, John am Apparat.»
«Hallo, hier ist Benjamin. Was eure Frage angeht: Wieso gehen eigentlich immer alle davon aus, dass man für alles kämpfen muss? Wegen genau dieser Einstellung haben wir ständig Krieg und Leid überall auf der Welt. Würden wir unsere Grundeinstellung ändern, dann wäre viel Unglück vermeidbar. Meiner Meinung nach ist Pazifismus der einzige Weg zu wahrem Frieden.»
«Aber Benjamin – kämpfst du nicht gerade jetzt auch darum, andere von deiner Einstellung zu überzeugen?»
«Mit Worten zu überzeugen, ist nicht kämpfen. Schönen Abend noch.»
«Weg ist er. Wir haben ein interessantes und überaus lebhaftes Publikum heute Nacht, was John? Ich weiss gar nicht mehr, wann wir das letzte Mal so viele Anrufe in einer Sendung hatten.»
«Genau, Leute – vielen Dank für die rege Beteiligung. Es sind nämlich sogar noch mehr Nachrichten eingetroffen. Aber bevor wir uns denen widmen, hören wir uns «Don’t Give Up» von Peter Gabriel, featuring Kate Bush, an.
…Musik spielt…
«Und wir sind wieder zurück im Studio von Radio 13. Schau mal, John – Miriam aus Zürich schreibt, sie sei Polizistin und kämpfe auch nach 30 Jahren noch für die Gerechtigkeit, weil das etwas sei, wofür es sich zu kämpfen lohne. – Recht hat sie.»
«Law and order, aber hallo! Doch Nina aus Erlinsbach ist auch nicht schlecht: Gib nicht auf, John, schreibt sie, «die Liebe ist es wert, dass für sie gekämpft wird. Ausser du heisst Paris und deine Geliebte Helena.» Hast du das gehört? Endlich mal jemand, der meine tiefen Gefühle für dich ernst nimmt.»
«Falsch, sie sagt, du sollst wegen der Liebe keinen Krieg anzetteln. Und, let’s face it, John: Deine Gefühle sind in etwa so tief wie eine Pfütze. Vor allem aber nicht das Thema hier. Lorenz aus St. Moritz meint: Im Leben ist sowieso alles vorherbestimmt. Weshalb sollte man gegen das Schicksal ankämpfen? Das bringt nur Kummer und Schmerz. Meine Güte, heute sind aber alle optimistisch drauf.»
«Liegt vielleicht an der Uhrzeit. Oh, noch ein Anruf. Hallo, Radio 13, John hier.»
«Hallo. Mein Name ist Matilda, ich bin aus Weinfelden. Ich wollte nur sagen, dass es sich immer lohnt, Zeit und Mut in eine Beziehung oder eine Freundschaft zu stecken. Auch wenn nichts daraus wird, hat man es zumindest versucht und muss nichts bereuen.»
«Wo du Recht hast, hast du Recht. Schön zu wissen, dass nicht alle unsere Hörer akut selbstmordgefährdet sind. Danke für deinen Beitrag.»
«John, es ist noch eine Nachricht angekommen. Anonym aus Irgendwo schreibt, er mache Thai-Boxing und komme bei uns im Studio vorbei, wenn wir nicht bald aufhören zu tratschen; er will endlich wieder Musik hören. Eine sympathische kleine Drohung zum Schluss.»
«Mhmm. Übrigens, ich hab eben gelesen, was heute für ein Tag ist. – Guess.»
«Welttag der wunden Katzenpfoten?»
«Weltfriedenstag! Passend, denn wir sind auch schon am Schluss dieser Sendung angelangt. Schön, dass ihr alle dabei wart. Fahrt sicher da draussen, und viel Spass mit «Roar» von Katy Perry. Angela und John out.»
…Musik spielt…